VIENNA TOWNSHIPShopping Mall versus Dorfplatz. Eine Produktion von „pink zebra theatre“ im Rahmen der KünstlerInnen-Kooperation „DORFPLATZ : neubau(en)08“ und Bezirksfestwochen Neubau Weltweit erzeugt und verschärft die Durchsetzung des Neoliberalismus in städtischen Regionen räumliche Strukturen, die in ihrer bisher brutalsten Kombination charakteristisch für das System der Apartheid waren. Die räumliche Trennung sozialer Gruppen, die Verbunkerung von Zitadellen der Macht und eine umfassende Überwachung der städtischen Räume sollen die zunehmenden sozialen Spaltungen absichern. Stephan Lanz zu: „blank_Architecture, apartheid and after“ Unter dem Motto DORFPLATZ : NEUBAU(EN) 08 setzen sich fünf Theaterinitiativen und eine Architektengruppe mit historischen Ereignissen der „8er“ Jahre (1848, 1908, 1918...) auseinander. Der Beitrag des pink zebra theatre zum Projekt verbindet das Jahr 1948 in Südafrika – der Beginn der Apartheid - mit der Gegenwart und lokale Strukturen mit globalen Zusammenhängen. Die Architektur der Apartheidzeit hat gewissermaßen vorexerziert, wie die schöne neue Welt im 21. Jahrhundert aussehen wird. Der Dorfplatz als Ort, an dem eine kleine Gemeinde unter freiem Himmel über ihr Schicksal kollektiv und unmittelbar entscheidet, ist im globalen Zeitalter obsolet geworden. Am Beispiel von Südafrika zeigt sich dieser Trend besonders drastisch: der traditionelle Dorfplatz, in afrikanischen Gesellschaften eine zentrale Institution, ist während der Apartheidära zerschlagen und seiner Funktion beraubt worden. Unter dem Vorwand des Fortschritts und einer verbesserten Städteplanung wurden Menschen aus ihrer ländlichen Umgebung gerissen und in gesichtslose Arbeiterquartiere verfrachtet. Aber auch städtische Gebiete wie Sophiatown bei Johannesburg, ein pulsierendes urbanes Viertel, und District Six in Kapstadt mit seinem multikulturellen, ethnisch durchgemischten Flair, wurden vernichtet. Der Dorfplatz im heutigen Südafrika ist die Shopping Mall. Die allgegenwärtige Klimaanlage, Securities und Überwachungskameras an jeder Ecke, dröhnende Kaufhausmusik, eine heile Welt, die Kriminalität, Armut, Aids und andere Probleme draußen vor der Tür lässt und dadurch zur liebsten (und oft auch einzigen) Freizeitbeschäftigung der Weißen und der schnell wachsenden schwarzen Mittelklasse geworden ist. Während auf den alten Dorfplätzen schon so manche Revolution ausgebrütet wurde, führt ihr modernes Surrogat einen in eine pralinenfarbene Kindheit zurück, die man nie hatte. Hier haben nicht die Dorfältesten das Wort, sondern das Imperativ des ewigen Nichterwachsenwerdens. Die Souveränität des „Dorfplatzprinzips“ wurde hier ein zweites Mal unterminiert, der Himmel als Symbol der Freiheit durch künstliche Sterne am High-Tech-Firmament ersetzt. Wenn es heute so etwas wie einen globalen Dorfplatz gibt, der in allen Kulturen und allen Ländern fast identisch funktioniert, dann sind es die großen Einkaufs- und Freizeitzentren. Normiert, kontrolliert, einlullend. Solange man das Geld ausgibt, bleibt man in der „Familie“. Auch wenn die räumlichen Strukturen nicht mehr existieren, lebt das Prinzip Dorfplatz in den Subkulturen weiter. Im südafrikanischen Kontext bedeutet das eine äußerst kreative Township-Kultur, die negativ besetzte, trostlose Un-Orte neu kodiert und mit Leben erfüllt. Die ursprünglich als Wohnkasernen für billige Arbeitskräfte konzipierten Townships wurden in der Vergangenheit zu Bollwerken des Widerstands, und ausgerechnet dort, wo die strengsten Sicherheitsmaßnahmen jegliche Gruppenbildung unterbinden sollten, entstanden die wichtigsten politischen Initiativen des Landes. Als Wohngegenden betrachtet sind die Townships nach wie vor desolate Orte mit schlechter Infrastruktur, doch gleichzeitig bilden sie im Postapartheid-Südafrika Zentren einer autonomen Gegenkultur, die sich von normierten Welten des Mainstream radikal unterscheidet. Und nicht zufällig ist das Foyer des Verfassungsgerichtshofs in Johannesburg einem südafrikanischen Dorfplatz nachempfunden. Die Performance Vienna Township schickt Schauspieler aus Pretoria/Tshwane auf eine Zeit- und Raumreise, die sie an verschiedene Orte des 7. Bezirks und zu Interaktionen mit anderen KünstlerInnen, Materialien und Zeitzeugen führt. Auf der Folie der Geschichte wird das gegenwärtige „globale Dorf“ unter die Lupe genommen und der Kampf um Autonomie, physische sowie psychische Freiräume mit theatralen Mitteln untersucht. Vienna Township Künstlerische Leitung: peter fuxx
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